Erhalt der Kulturlandschaft

Der Strukturwandel in der Landwirtschaft führt häufig zur Verwaldung naturschutzrelevanter Wiesen und Weiden. Oftmals gehen dadurch wertvolle, artenreiche Lebensräume verloren.
Durch eine immer stärkere Trennung in Intensiv- und Extensivlandwirtschaft werden Gunstflächen immer intensiver bewirtschaftet, Flächen in Ungunstlage werden stillgelegt, verbrachen, verbuschen und entwickeln sich schließlich wieder zu Wald (Abb.1). Insbesondere die mageren, für den Naturschutz wertvollen Flächen, gehen so vielfach verloren. Diese artenreichen Grünländer, wie zum Beispiel Kalkmagerrasen, Halbtrockenrasen, Gold- und Glatthaferwiesen oder Borstgrasrasen, gehören heute schon zu den stark bedrohten Lebensräumen.
Zur langfristigen Offenhaltung solch sensiblen Bereiche werden als Landschaftspflegemaßnahmen Mähen, Mulchen, und Beweidung diskutiert. Schlägeln und anschließendes Mulchen ist nur bedingt geeignet, da hier die Biomasse auf der Fläche bleibt und zusammen mit Immissionen Schadstoff/Düngereintrag aus der Luft), eine Düngeranreicherung des Grünlandes stattfindet. Längerfristig haben somit vor allem stickstoffliebende und schattentolerante Pflanzen Überlebenschancen.
Zielführende Landschaftspflegemaßnahmen sind somit die historischen Wirtschaftsformen Mähen und Beweiden. Da einerseits die landwirtschaftlichen Großmaschinen kaum auf Extremstandorten agieren können, andererseits die Mahd per Hand viel zu mühsam ist, nutzen heute kaum noch Landwirte Magerrasen oder Bortsgrasrasen als Heuwiesen. Um trotzdem eine Pflege zu gewährleisten, werden ÖPUL-Pflegeprämien ausbezahlt, damit die Mahd durchgeführt wird. Dieser finanzielle Anreiz für eine Mähnutzung naturschutzrelevanter Flächen findet jedoch nur begrenzt Zuspruch. Bei kleinschlägigen Grünlandflächen, ehemaligen Mäh- oder Weideflächen mit Verbuschung, arbeits- und zeitintensiven Flächen in geomorphologischer Ungunstlage und hoffernen Standorten reicht dieser Anreiz nicht.
Um das Grünland einerseits naturschonend, andererseits wirtschaftlich sinnvoll zu nutzen, stellt die Beweidung die einzige ernstzunehmende Alternative zur Mahd dar. Insbesondere die alten, genügsamen, bodenständigen Haustierrassen können hier wieder zum Einsatz kommen. Schafe und Ziegen sollten allerdings nicht als alleiniges 'Landschaftspflegeinstrument' angesehen werden. Unser Interesse sollte daher immer wieder der historischen Nutzung gelten. Wo traditionell gemäht wurde oder wo Rinderhaltung die Vegetation geprägt hat, sollte man diesen Nutzungen in extensiver Form Vorrang geben. Nicht Schaf- und Ziegenbeweidung um jeden Preis, sondern Vielfalt in der Nutzung sollte oberstes Gebot sein! Erst dann kann sich auch wieder eine reichhaltige Tier- und Pflanzenwelt einfinden.
-
Verbuschte Steillagen im Berggebiet
-
Magerweide – Offenhaltung der Landschaft durch Beweidung
-
Artenreiche Blumenwiesen sind bedrohte Lebensräume
-
Arbeitsaufwändige Pflegeleistung bei der Mahd von Steilflächen
-
Pflege von Magerstandorten durch extensive Schafbeweidung
-
Arbeits- und zeitintensive Fläche in geomorphologischer Ungunstlage
Mähen oder Beweiden?

In ihrer Wirkung auf den Boden, die Pflanzen und Tiere unterscheidet sich Mahd und Beweidung grundlegend. Insbesondere die Faktoren Verbiss, Tritt und Exkremente wirken sich bei der Beweidung auf das Ökosystem aus.
Während die Mahd durch ihre einheitliche Wirkung ein ausgeglichenes Konkurrenzverhältnis zwischen den Pflanzen schafft, werden durch Viehverbiss manche Arten bevorzugt gefressen und damit dezimiert, andere kaum oder nie verbissen und somit gefördert. Zu den gemiedenen Pflanzen gehören solche mit Stacheln, Dornen und starker Behaarung, starkriechende Arten und Pflanzen, die dem Boden so eng anliegen, dass sie sich dem Fraß entziehen können. Insbesondere Pferde, aber auch Rinder haben ein enges Futteraufnahmespektrum, während Schafe und Ziegen deutlich mehr Pflanzenarten fressen.
Durch den Faktor Tritt bilden sich kleinräumige Unterschiede aus (hier kann eine Mahd nivellierend eingreifen). Die Bodenverdichtung unter Maschineneinfluss ist gleichmäßig, während Weidetiere oft bestimmte Pfade einhalten, auf denen die Verdichtung, aber auch die Vegetationsnarbenzersörung (Viehgangeln) besonders wirksam wird. Große Weidetiere, wie Rinder und insbesondere Pferde, wirken allein wegen ihres Gewichtes schädigend, während die Trittwirkung von Ziegen und Schafen eher schonend ist.
Der Faktor Kot zeigt ebenfalls starke Unterschiede. Bei Beweidung führt die Kotabgabe zu einer differenzierten Nährstoffverteilung, während bei der Mahd keine räumlichen Unterschiede erkennbar sind. Nicht immer führt eine lokale Düngeranreicherung zu Problemen (Unkräuter wie Brennnessel, Ampfer, Distelarten, etc.), oft sind Kotstellen auch eine Bereicherung für die Tierwelt: Zahlreiche kotfressende Insekten, wie z.B. Mistkäfer, Dungkäfer, Dungfliegen, sind auf die Exkremente von Weidetieren angewiesen. Diese Insekten stellen ihrerseits wieder Nahrungsquelle für Vögel und andere Wirbeltiere dar.
Die von vielen Kritikern der Beweidung geäußerte Vermutung, die Tiere würden zu einer Nährstoffanreicherung auf den Flächen beitragen, muss differenziert gesehen werden. Wiederkäuer exportieren nur einen geringen Teil des mit dem Weidefutter aufgenommenen Stickstoffs über Fleisch, Milch oder Wolle von der Fläche und scheiden 75 – 96 % wieder aus. Etwa 80% davon befindet sich, größtenteils als Harnstoff im Urin, der Rest im Kot. Bei einer Standweide werden diese Anteile dem Grünland wieder zugeführt, bei täglichem Weideabtrieb zumindest teilweise von der Fläche entfernt. Dies bedeutet jedoch auch bei Standweide nicht, dass dort eine Stickstoffanreicherung stattfindet, sondern lediglich, dass die Entzüge geringer sind als bei Schnittnutzung, bei der der in den Pflanzen enthaltene Stickstoff mit dem Grünfutter oder Heu abtransportiert wird. Ein Problem ergibt sich allerdings bei zusätzlicher Stickstoffzufuhr auf die Fläche. Daher sollte bei der Nutzung von Magerstandorten die Stickstoff-Düngung völlig unterbleiben, da die eingetragene Luftstickstoff-Menge heutzutage schon höher ist, als die Düngergaben, die unsere Vorfahren auf die Flächen brachten. Auch eine Zusatzfütterung ist zu unterlassen.
Als weiteres Argument für die Beweidung ist, dass ein Weidegang über größere Zeiträume erfolgen kann und so ein zeitliches und räumliches Nebeneinander von bereits beweideten Flächen ein strukturreiches Mosaik bildet. Bei der Heunutzung (früher Sensenmahd über mehrere Wochen) wird heutzutage innerhalb weniger Tage eine große Fläche gemäht und damit z.B. das Blütenangebot für Insekten um 100% reduziert. Ebenfalls werden durch die mechanische Einwirkung moderner Mähgeräte zahlreiche Tiere getötet, die bei historischer Sensenmahd oder bei der Beweidung überleben würden. Hier ist nicht nur an Jungwild oder Bodenbrüter zu denken, sondern insbesondere an die zahlreichen Insekten. Auf diese übt ein moderner Kreiselmäher eine regelrechte Sogwirkung aus und zerstört somit auch solche Individuen, die sich natürlichen Feinden gegenüber durch Fallenlassen entziehen würden. Auch die Bauten von Insekten, z.B. die Hügel der Wiesen- und Rasenameisen, werden bei der Mahd fast vollständig zerstört, bei einer Beweidung jedoch von Vegetation befreit und regelrecht aus der Weide herausmodelliert. Sogenannte 'Buckelweiden' oder 'Buckelraine' entstehen. Sekundär haben diese Ameisenhügel auch wieder Einfluss auf die Bestände anderer Arten, z.B. der Ameisenbläulinge, deren Larven in den Nestern leben, oder des Wendehalses, der sich hauptsächlich von Ameisenlarven- und Puppen ernährt.
(mit herzlichem Dank für die Zurverfügungstellung einzelner Textblöcke Herrn Dr. Gerd Bauschmann, BRD)
Zur Alpinetseite
|